Seminareindrücke von Manfred

 

„Sag, wo fährst du hin?“ fragt meine Frau. „Nach Weibern.“ „Nach Weibern. Aha. – Na, viel Spaß mit deinen Männern in Weibern.“

R. tritt in die Mitte und skizziert Etappen seines Lebens: Schwierigkeit in der Ehe, Schock, Trennung, Neubeginn, Ende der nächsten Beziehung und neue Stabilität. Es braucht Mut vor 20, 30 Männern in die Mitte zu treten und seinen Fall zu beschreiben, vor allem, wenn es um die großen Schwierigkeiten geht. Wer in der Mitte steht, hört Fragen aus der Runde, versucht Antworten, durchlebt Scheitern und Neubeginn noch einmal. Das lässt keinen kalt.

Männerarbeit hat viele Gesichter

Männerarbeit hat viele Gesichter, das Seminar in Weibern ist eines davon. Männerarbeit beleuchtet die Rolle als Partner, Vater, Sohn, Freund, im Beruf. Männerarbeit fördert Austausch und Bewegung, stärkt die innere Kraft, unterstützt Sinnfindung und Spiritualität. Alleine ist das kaum zu schaffen, daher die Gemeinschaft. Männerarbeit ist Antwort auf tiefe Krisen, die Frage nach dem Sinn und dem Umgang mit Schmerz. „Warum hat mein Sohn den Kontakt zu mir abgebrochen?“ Seminarleiter Andreas Ebert schreibt in einem seiner Bücher „Das Wahrnehmen, das Benennen und Akzeptieren dessen, was ist, ist der Anfang der Wandlung.“

„Soll ich mir einen neuen Job suchen?“

M. tritt in den Kreis: Ein neuer, junger Arbeitskollege nervt ihn massiv. Alles, was der tut „ist eine einzige Grenzüberschreitung“. Soll er sich einen neuen Job suchen? „Hast du schon mit ihm geredet?“ „Wie reagiert der Chef?“ „Sind Kopfhörer eine Lösung?“ Die Silberrücken raten: Kündige nicht; du würdest dein altes Flucht-Muster wiederholen. Sag deutlich, was du willst, auch wenn es dir schwerfällt.

Trommeln und Rhythmus

Sonntag-Morgen vor dem Frühstück. Männer gehen in Zweier- und Dreiergruppen in die Sonne, manche schweigend, manche ins Gespräch vertieft. Rehe springen über leere Felder. Unter den Obstbäumen liegen reife, gelbe Birnen und der Himmel spannt sich blau über die Wiesen. Drin in der Kapelle schlägt F. mit Wucht die Trommel, ein unwiderstehlicher Rhythmus, tief, stark und durchdringend. Die anderen nehmen ihre Jemben und trommeln mit.

Der methodische Rahmen des Seminars ist das Enneagramm. Die meisten kennen es als Beschreibung von neun Menschentypen. Da sind die künstlerisch-sensiblen Vierer, da sind die nach Wissen strebenden Fünfer, die perfektionistischen Einser, usw. … Aber das Enneagramm kann mehr. An diesem Wochenende zeigt Andreas Ebert, dass sich die neun Typen des Enneagramms auch und zusätzlich als Modell für Prozesse eignen, Prozesse, die jeder durchlebt. 1 – Anfang, 2 – Hindernisse, 3 – 1. Schock, 4 – Sprung über den Graben, 5 – die andere Seite, 6 – 2. Schock, 7 – erste Ergebnisse, 8 – neue Stabilität, 9 – Abschluss auf höherer Ebene.

Seismograph seelischer Erdbeben

Ebert verteilt Zettel, darauf leere Diagramme. Auf der x-Achse des Diagramms das Alter, die y-Achse zeigt das Gefühl – oben das große Glück, unten der Schrecken. „Trag die Tiefst- und Höhepunkte deines Lebens ein und verbinde sie zu einer Linie.“ Auf vielen Zetteln finden sich hohe Ausschläge nach oben, gefolgt von scharfen Abstürzen. Jeder ist Seismograph seiner seelischen Erdbeben. Erste Liebe, Abschluss der Ausbildung, Einstieg in den Beruf, Paar sein, Kinder oder keine Kinder. – Rauf, runter, rauf, runter. Beziehung kaputt, Job verloren, die Selbstständigkeit gecrasht . Wenn Männer ihre Tage haben, geht das auch nicht ohne Blutverlust.  – Einer meint: „Meine Initiation hat mir geholfen.“ Ein anderer: „Die Fahrt nach Rom war gut in dieser schweren Zeit.“ Dazwischen Medikamente, Alkohol, Seitensprung. Neues Gleichgewicht.

Unruhe und Frieden

Ebert in der Schlussrunde: „Was lässt Du hier, was nimmst Du mit?“ Einer lässt die Unruhe zurück und nimmt den Frieden mit heim und einer staunt mit Walter von der Vogelweide: „Ich, bin, ich weiß nicht wer. Ich komme, ich weiß nicht woher. Ich gehe, und weiß nicht wohin. – Mit wundert, dass ich so fröhlich bin.“